Die Sozialdemokratische Fraktion setzt sich für verbindliche Vorschriften ein, um dafür zu sorgen, dass Unternehmen Verantwortung für Mensch und Erde übernehmen. Es wird Zeit, dass Unternehmen die negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte und die Umwelt entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette ermitteln und beseitigen, und zwar innerhalb und außerhalb der EU. Wird gegen die Vorschriften verstoßen, kommt es zu Sanktionen, zudem sollen Geschädigte die Möglichkeit erhalten, sich vor Gericht zur Wehr zu setzen. Sanktionen und Strafen im Fall von Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht sollen Unternehmen dazu bringen, die zur Schadensvermeidung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Sorgfaltspflicht bedeutet, dass man Dinge gewissenhaft angehen muss. Die Sorgfalt, die insbesondere von Unternehmen erwartet wird, bezieht sich auf die Achtung der Menschenrechte und der Umwelt und eine verantwortungsvolle Geschäftsführung. Dies wollen wir erreichen, indem wir Unternehmen zu Maßnahmen verpflichten, die ein verantwortungsvolles Handeln sicherstellen. Aufgrund dieser Maßnahmen müssen Unternehmen die Risiken, die mit ihrer Geschäftstätigkeit einhergehen, ermitteln und überwachen und alle negativen Folgen beseitigen. Dazu zählen Auswirkungen auf die Sozial- und Arbeitnehmerrechte, auf natürliche Ökosysteme oder auf lokale Verwaltungen, wenn die Gefahr von Korruption besteht.
Wir wollen die unternehmerische Verantwortung zur Norm machen. Im 21. Jahrhundert muss sich jede unternehmerische Tätigkeit durch verantwortungsvolles Handeln auszeichnen. Daher müssen wir über die derzeitigen freiwilligen Standards hinaus verbindliche EU-Vorschriften zur Sorgfaltspflicht einführen, die Unternehmen dazu veranlassen, ihre gesamte Wertschöpfungskette zu betrachten. Bei der Sorgfaltsprüfung darf es nicht um ein reines Abhaken von Punkten gehen, sie ist vielmehr ein ständiger Prozess.
Wir kämpfen auch dafür, Personen den Zugang zur Justiz zu erleichtern, die durch EU-Unternehmen zu Schaden gekommen sind. Kurz gesagt wollen wir, dass die Menschen und unser Planet Vorrang vor Profiten haben.
Wir wollen sicherstellen, dass Firmen Sorgfaltsprüfungen im Hinblick auf die Umwelt, die betriebliche Führung und die Menschenrechte entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette durchführen, und zwar auch dann, wenn diese über die Grenzen der EU hinausreicht. Selbst bei hochkomplexen Lieferketten erwarten wir, dass Unternehmen alles Erwartbare tun, um Schäden zu vermeiden.
Die Vorschriften müssen breit gefächert sein und für alle EU-Unternehmen gelten, auch für Finanzdienstleister. Sie sollten für alle Unternehmen ab 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz ab 40 Millionen Euro gelten.
Freiwillige Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht (etwa die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen) haben nicht dazu geführt, dass EU-Unternehmen ihre Haltung geändert haben. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung zeigt, dass derzeit nur 37 % der befragten Firmen ihrer Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Umwelt und die Menschenrechte nachkommen und dass nur 16 % ihre gesamte Lieferkette prüfen.
Wir wollen, dass alle Unternehmen denselben Wettbewerbsbedingungen unterliegen, damit diejenigen, die sich freiwillige Maßnahmen auferlegen, nicht benachteiligt sind, nur weil sie das Richtige tun.
Ein verbindlicher Rahmen für die Sorgfaltspflicht findet breite Zustimmung in der Gesellschaft, aber auch bei internationalen Normgebern, den Mitgliedstaaten und den Unternehmen selbst. Auch wenn es keine aktiven Bestrebungen in Unternehmen gibt, Schäden zu verursachen, sind viele weiter durch mangelnde Rechtssicherheit und fehlende Klarheit darüber, was von ihnen erwartet wird, verunsichert.
Bei einer Abstimmung im Rechtsausschuss fand sich kürzlich eine klare Mehrheit der Fraktionen bereit, die Forderung der S&D-Fraktion nach verbindlichen neuen Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht zu unterstützen.
Es gibt mehrere Fälle, in denen ökologische Katastrophen und Menschenrechtsverletzungen durch die Einhaltung der Sorgfaltspflicht hätten verhindert werden können.
In Bangladesch kam es 2013 zu über tausend Todesfällen und Verletzungen unter den Beschäftigten, überwiegend Frauen, weil das Rana-Plaza-Fabrikgebäude Baumängel aufwies. Diese Katastrophe warf ein Schlaglicht auf die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, die in der globalen Textillieferkette weit verbreitet sind. Verbindliche Vorschriften zur Sorgfaltspflicht können sicherstellen, dass sich EU-Unternehmen nach Kräften darum bemühen, Verstöße gegen die Rechte von Beschäftigten aufzuspüren und abzustellen, die von uns tagtäglich gekaufte und getragene Kleidungsstücke herstellen.
Die Kontaminierung im Ogoniland im Nigerdelta ist ein weiteres schockierendes Beispiel dafür, wie ein Mangel an unternehmerischer Verantwortung die Umwelt geschädigt und den Menschen unermesslichen Schaden in Bezug auf ihre Gesundheit und Behausungen sowie ihre Existenzgrundlage zugefügt hat.
In den Fabriken eines globalen Technologielieferanten in Shenzhen machte eine Welle von Selbstmorden unter den Beschäftigten deutlich, dass einige lieber den Freitod wählten, als auch nur einen weiteren Tag am Fließband dort zu arbeiten. Statt die Arbeitsbedingungen zu verbessern, brachte das Unternehmen große Netze an den Außenwänden zahlreicher Gebäude an. Ein solches Verhalten darf von keinem EU-Unternehmen bei seinen Lieferanten geduldet werden. Die Opfer oder ihre Repräsentanten sollten in derartigen Fällen stets in der Lage sein, den Mutterkonzern zur Verantwortung zu ziehen.
Die EU kann ihre globalen Klimaverpflichtungen letztendlich nur erfüllen, wenn Unternehmen für die Folgen ihres Geschäftsgebarens zur Rechenschaft gezogen werden. Da EU-Unternehmen im größten Markt der Welt tätig sind, kommt ihnen eine globale Vorbildfunktion zu. Wenn wir den Geltungsbereich der Sorgfaltspflicht auf die gesamte Lieferkette ausweiten, kann die EU als internationaler Normgeber die Welt positiv beeinflussen, indem sie zeigt, wie man mit Herausforderungen wie dem Klimawandel und Menschenrechtsverletzungen umgehen sollte.
Infolge der neuen Vorschriften können Unternehmen zudem haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Sorgfaltspflicht verletzen. Falls sie Schäden, die zu verhindern gewesen wären, verursacht oder mit verursacht haben, können wir somit dafür sorgen, dass die Opfer leichter zu ihrem Recht kommen.
Wir glauben, dass die Geschäftsführer von Unternehmen die Verantwortung für den Bereich der Sorgfaltspflicht tragen sollten. Wir wollen, dass sich niemand mehr verstecken kann und dass alle Schlupflöcher geschlossen werden. In Firmen ab 1000 Beschäftigten sollten die Bezüge der Führungsebene an die Einhaltung der Sorgfaltspflicht gekoppelt werden.
Unternehmen müssen dazu verpflichtet werden, während des gesamten Due-Diligence-Prozesses mit den Betroffenen und ihren Repräsentanten, etwa den Gewerkschaften, Kontakt zu halten. Wenn einem Unternehmen keine ausreichenden Informationen über potenzielle Schäden vorliegen, sollte es sich an zivilgesellschaftliche Organisationen wenden, die über relevante Angaben verfügen.
Wir wollen, dass Unternehmen, die gegen die Vorschriften verstoßen, sanktioniert werden, und zwar mit Geldstrafen von bis zu 5 % ihres weltweiten Umsatzes. Eine öffentliche Bloßstellung durch die Behörden könnte ein weiteres Werkzeug sein, ebenso wie die Entfernung von Produkten vom EU-Markt, um Unternehmen zur Einhaltung der Bestimmungen zu veranlassen. Außerdem sollten Unternehmen, die die Vorschriften zur Sorgfaltspflicht unterlaufen, von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Am 1. Juni 2023 hat das Europäische Parlament seine Position zu verbindlichen Vorschriften bestimmt, wonach Unternehmer die menschenrechts- und umweltbezogenen Folgen ihres Tuns ermitteln müssen. Trotz aller Versuche der Konservativen im Parlament, die neuen Vorschriften zu verwässern, hat eine Mehrheit der EU-Abgeordneten für unseren progressiven Ansatz gestimmt.
Da das Verhandlungsmandat des Parlaments nun feststeht, wird bis zum Ende dieser Legislaturperiode die S&D-Fraktion federführend daran arbeiten, im Rat eine Einigung mit den EU-Regierungen zu erzielen.
Dies ist ein echter Wendepunkt. Die meisten Firmen nehmen ihre Pflichten den Menschen und der Umwelt gegenüber zwar durchaus ernst, die neuen Regeln werden Unternehmen jedoch zusätzlich unterstützen, da sie die wenigen unseriösen Großkonzerne, die auf unehrliche und unethische Art Geschäfte machen, daran hindern werden, die Vorschriften zu umgehen.