Nach zehnjährigen Forderungen bekommt die EU dank der Beharrlichkeit und der Kampagnen der Sozialdemokratischen Fraktion erstmals ein Gesetz zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen – ein solider erster Schritt zur Beseitigung der ausufernden geschlechtsspezifischen Gewalt.
Die Richtlinie, die morgen im Europäischen Parlament zur Schlussabstimmung kommt, gibt der EU erstmals ein Rechtsinstrument an die Hand, um gegen geschlechtsspezifische Gewalt im digitalen Raum wie Cyberstalking und Cyberflashing vorzugehen. Ferner wird die weibliche Genitalverstümmelung zu einem Straftatbestand, der EU-weit geahndet wird, und auch Zwangsheiraten werden auf EU-Ebene bestraft. Das neue Gesetz präzisiert die Rechte der Opfer aller Formen von Gewalt gegen Frauen oder häuslicher Gewalt und gewährleistet ihnen Schutz. Kinder, die Zeugen häuslicher Gewalt geworden sind, werden ebenfalls als Opfer häuslicher Gewalt betrachtet.
Bedauerlich ist jedoch, dass der Rat unsere Forderung zurückgewiesen hat, nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen als Vergewaltigung einzustufen. Die Sozialdemokratische Fraktion ist dennoch fest entschlossen, den Kampf so lange weiterzuführen, bis Frauen überall in der EU vor allen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt geschützt sind.
Evin Incir, sozialdemokratische Mitberichterstatterin des Europäischen Parlaments für geschlechtsspezifische Gewalt im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, sagte:
„Wir machen einen großen Schritt nach vorn, indem wir Frauen und Mädchen besser vor Gewalt schützen, ob zu Hause, am Arbeitsplatz, offline oder online. Geschlechtsspezifische Gewalt, sexualisierte Gewalt und häusliche Gewalt sind weltweit ein Problem, auch in Europa, und ein schwerer Menschenrechtsverstoß. Es ist inakzeptabel, dass einige EU-Regierungen sich weiter weigern, die Istanbul-Konvention zu ratifizieren, oder sogar aktiv gegen Frauenrechte und Geschlechtergleichstellung vorgehen.
Von daher ist es wichtig, dass die EU nun endlich über ein eigenes Rechtsinstrument zur Unterstützung und zum Schutz von Frauen in der EU verfügt. Wir bedauern allerdings, dass ein Bündnis zweier Liberaler, nämlich von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem deutschen Justizminister Marco Buschmann, unter Mithilfe des illiberalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán Fortschritte in Bezug auf eine einwilligungsbasierte Definition von Vergewaltigung verhindert hat.
Dennoch wäre es falsch gewesen, die Verhandlungen abzubrechen und zu riskieren, weitere zehn Jahre auf eine bessere Richtlinie zu warten. Das neue Gesetz bietet konkrete Fortschritte für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt. Von nun an können wir uns höhere Ziele setzen – und das werden wir auch tun.“
Maria Noichl, Sprecherin der S&D-Fraktion für Frauenrechte, fügte hinzu:
„Millionen von Frauen in Europa leiden jeden Tag unter körperlicher, sexualisierter oder digitaler Gewalt, häufig durch ihren Partner oder Ex-Partner. Wir können sie nur mit starken Rechtsinstrumenten und einer Nulltoleranzpolitik schützen und unterstützen.
Wir können stolz darauf sein, dass die Europäische Kommission nach jahrelangen Forderungen unsererseits das erste europäische Gesetz zum Schutz von Frauen vor Gewalt vorgeschlagen hat. Es enthält strenge Vorschriften in Bezug auf Cybergewalt und wirksame Bestimmungen zur Gewaltprävention und zu Hilfsangeboten für Opfer aller Formen geschlechtsspezifischer Gewalt.
Unser Kampf geht jedoch weiter. Die S&D-Fraktion wird weiterhin an vorderster Front für ein Europa kämpfen, in dem alle Frauen angstfrei leben können. Wir fordern, geschlechtsspezifische Gewalt als EU-Straftatbestand anzuerkennen, und rufen alle Mitgliedstaaten dazu auf, überholte Vergewaltigungsgesetze abzuschaffen.“