Frauen in der EU werden von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt geplagt.* Am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament erneut wirksame Rechtsinstrumente und Präventivmaßnahmen zum Schutz von Frauen.
Wir brauchen europäische Rechtsvorschriften zum Thema Vergewaltigung, die auf dem Konzept der Einwilligung basieren, um sicherzustellen, dass Frauen in allen Mitgliedsstaaten dieselben Rechte und denselben Schutz genießen. Nur Ja heißt Ja.
Geschlechtsspezifische Gewalt muss als EU-Straftatbestand im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert werden.
Joanna Scheuring-Wielgus, sozialdemokratische Koordinatorin im Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter, sagte:
„Geschlechtsspezifische Gewalt ist weltweit eine Seuche und die am weitesten verbreitete Menschenrechtsverletzung. In Europa hat jede dritte Frau seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt, wobei eine von zwanzig Frauen von Vergewaltigung berichtet. Vergewaltigungen werden jedoch nach wie vor sehr selten angezeigt, da die Frauen Stigmatisierung fürchten, kein Vertrauen in die Justiz haben oder davon ausgehen, dass man ihnen schlicht nicht glaubt.
Derzeit gibt es nur in einem Dutzend aller EU-Länder Gesetze, in denen Vergewaltigung als Sex ohne Zustimmung definiert ist. In den restlichen Mitgliedstaaten müssen die Opfer die Anwendung oder Androhung von Gewalt nachweisen, damit die Tat als Vergewaltigung gelten kann. Ich bin stolz, dass Polen dank des Linksbündnisses Lewica gerade sein Strafrecht zum Tatbestand der Vergewaltigung überarbeitet und Vergewaltigung erstmals unter dem Aspekt der fehlenden Einwilligung definiert hat. Ich hoffe, dass Frankreich und andere Länder folgen werden. Es muss sich etwas ändern, um den unglaublichen Mut von Gisèle Pelicot* zu honorieren und andere Frauen in Zukunft zu schützen! Das Konzept 'Nur Ja heißt Ja' muss in der gesamten EU zur Norm werden.“
Birgit Sippel, sozialdemokratische Koordinatorin im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, fügte hinzu:
„Wir fordern alle Mitgliedstaaten auf, überholte Vergewaltigungsgesetze abzuschaffen und ihre Gesetzgebung an die Istanbul-Konvention anzupassen. Gleichzeitig drängen wir weiterhin auf eine europäische Gesetzesregelung, die eine einwilligungsbasierte Definition der Vergewaltigung enthält. Leider hat der Rat diese Forderung in der kürzlich verabschiedeten EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen abgelehnt. Einige Mitgliedstaaten meinten, für ein solches Gesetz gebe es keine Rechtsgrundlage, während es in Wahrheit manchen Führungsfiguren wie Frankreichs Präsident Macron und dem deutschen Justizminister Buschmann von den Liberalen schlicht an politischem Wille fehlte.
Wir geben jedoch nicht auf und fordern von der Kommission, ihr Versprechen einzulösen. Jede Vergewaltigung, die auf fehlender Einwilligung basiert, muss EU-weit unter Strafe gestellt werden.
Darüber hinaus fordern wir, geschlechtsspezifische Gewalt als EU-Straftatbestand im EU-Vertrag zu verankern. Dieser Schritt, der bislang von der Kommission und vom Rat zurückgewiesen wurde, würde es der EU ermöglichen, dieses Verbrechen in all seinen Formen zu bekämpfen, und zwar sowohl online als auch offline. Leider ist es noch ein weiter Weg, bis alle Frauen in der EU geschützt sind.“
Hinweis für die Redaktion
Jede dritte Frau hat in ihrem Leben schon einmal Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, oder eine entsprechende Androhung erlebt. Das zeigt die erste EU-weite Datenerhebung, die am 25. November 2024 gemeinsam von der Grundrechteagentur, Eurostat und dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen veröffentlicht wurde. In den zehn Jahren seit der letzten EU-Erhebung ist keinerlei Fortschritt zu erkennen. Bei Vergewaltigungen ist sogar ein Anstieg zu verzeichnen. Die neuen Daten zeigen, dass jede sechste Frau in ihrem Leben sexualisierter Gewalt, darunter Vergewaltigung, ausgesetzt war.
Gisèle Pelicot wurde Opfer einer Massenvergewaltigung. Ihr Ehemann hat zugegeben, ihr Drogen verabreicht und Dutzende von Männern online rekrutiert zu haben, um sie zu vergewaltigen, während sie bewusstlos war. Der Strafprozess hat Frankreich erschüttert, die Grenzen der bestehenden französischen Gesetzgebung aufgezeigt und den Ruf nach Veränderungen laut werden lassen.