Diesen Dezember war Rumänien das erste EU-Mitgliedsland, in dem eine Wahl wegen ausländischer Einflussnahme und Desinformation auf TikTok für ungültig erklärt wurde. Dies ist ein Weckruf für uns alle. Die Verbreitung von Falschinformationen, Desinformation und intransparenter politischer Werbung während des Wahlprozesses ist ein riesiges Problem, nicht nur für Rumänien, sondern für ganz Europa.
Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament hat den Kampf* gegen ausländische Einflussnahme und Desinformation angeführt, etwa im Rahmen ihrer Vermittlerrolle bei den Verhandlungen über den Digital Services Act (DSA). Wir haben darauf hingewiesen, dass Medienkompetenz und die Verantwortung der Social-Media-Plattformen eine zentrale Rolle spielen, um die Integrität von Wahlen und den Schutz der Jugend zu gewährleisten.
Die S&D-Abgeordneten haben darauf gepocht, eine Debatte in die heutige Plenarsitzung aufzunehmen, bei der die Mitglieder des Europäischen Parlaments darüber diskutieren werden, auf welche Weise Falsch- und Desinformationen, die in den sozialen Medien kursieren, unsere demokratischen Systeme gefährden.
Alex Saliba, für die digitale Agenda zuständiger Vizevorsitzender der S&D-Fraktion, sagte:
„Die Geschehnisse in Rumänien haben das Land in eine seiner größten politischen Krisen seit Jahrzehnten gestürzt. Dies ist ein Warnsignal für uns, da bei jeder künftigen Wahl dasselbe passieren könnte, wenn wir nicht rasch gegen die Beeinflussung durch Algorithmen vorgehen.
Die sozialen Medien sind sehr mächtig. Deshalb müssen die großen Techunternehmen für ihre Rolle bei der Verbreitung von Desinformationen stärker zur Verantwortung gezogen werden. Die zunehmenden Einmischungen und koordinierten Desinformationskampagnen machen sich Plattformen wie X oder TikTok zunutze, um Fake News und politische Ansichten zu verbreiten, die das Fundament unserer Demokratie untergraben können. Ein weiteres beunruhigendes Detail ist die enge Verbindung der Eigentümer solcher Plattformen zu politischen Führungsfiguren, bei der es häufig an Transparenz fehlt. Ein Beispiel dafür ist Elon Musk, der sich öffentlich zu Donald Trump bekannt hat. Dies hat verheerende Auswirkungen auf unsere Demokratien und unsere Jugend, die sich gewöhnlich über Social-Media-Plattformen informiert.
Wir haben bereits im Juli in einer unabhängigen Studie, die wir gemeinsam mit der niederländischen S&D-Delegation GroenLinks-PvdA in Auftrag gegeben haben, Alarm hinsichtlich der Verbreitung von Desinformation geschlagen. Es hat sich gezeigt, dass Abertausende von Konten auf X die öffentliche Meinung während der Europawahlkampagne aktiv beeinflusst haben. Organisierte Trollnetzwerke, höchstwahrscheinlich russischen Ursprungs, waren in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Italien aktiv.
Wir wollen, dass soziale Netzwerke wie X oder TikTok ihre Verantwortung ernst nehmen. Daher begrüßen wir den heutigen Schritt der Kommission, als Nächstes eine Untersuchung zu TikTok einzuleiten. Die Kommission sollte dabei umgehend alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Untersuchung noch vor den nächsten Wahlen in Europa abzuschließen. Das Gesetz über digitale Dienste ist der Eckpfeiler, der uns alle vor der Verbreitung von Desinformation schützt. Wir als Sozialdemokratische Fraktion werden mit der Kommission Hand in Hand weiterarbeiten, um die ordnungsgemäße und schnelle Durchsetzung des Gesetzes zu gewährleisten. Wir fordern die neue Kommission aber auch zu größerer Wachsamkeit während kritischer politischer Prozesse und zur stärkeren Regulierung digitaler Plattformen auf, ohne die Redefreiheit zu gefährden oder Zensur auszuüben. Hierzu muss der freiwillige EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation, der bislang von Meta und TikTok unterzeichnet wurde, unbedingt eingehalten werden, damit die Verbreitung falscher oder schädlicher Inhalte verhindert werden kann. Der EU-Kodex dient dazu, die Transparenz zu erhöhen und die Verbreitung von Bots und gefälschten Konten zu unterbinden. Die von Elon Musk 2023 getroffene Entscheidung, seine Plattform X aus dem Kodex zu entfernen, zeigt, dass er sich ganz bewusst an der Verbreitung toxischer Inhalte beteiligt.
Die Sozialdemokratische Fraktion wird bei der Bekämpfung von Desinformation keine Mühen scheuen. Das Europäische Parlament muss ein wesentlicher demokratischer Wächter mit Blick auf alle Phänomene ausländischer Einflussnahme bleiben.“
Hinweis für die Redaktion:
* Die S&D-Fraktion hat in der letzten Legislaturperiode einen Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation (INGE), vorgeschlagen. Dieser wurde 2020 eingesetzt und bis März 2022 vom S&D-Abgeordneten Raphaël Glucksmann geleitet. Unter der Leitung der S&D-Berichterstatterin Christel Schaldemose verabschiedete die EU 2022 eine sehr ambitionierte Verordnung zu Online-Plattformen, um Verbraucher:innen und Nutzer:innen zu schützen – das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA).