Morgen wird die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament in Warschau zusammen mit der Foundation for European Progressive Studies (FEPS) eine Debatte über die offene strategische Autonomie der Europäischen Union abhalten. Die S&D-Fraktion hat kürzlich ihr Positionspapier zu dem Konzept fertiggestellt, das ihre Prioritäten für die EU als globaler Akteur in einer multipolaren Welt aufzeigt.
Zu den vielen Teilnehmern an der Veranstaltung in der Kozminski-Universität, die von der FEPS, der Stiftung Amicus Europae und der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza mit organisiert wurde, zählen die S&D-Abgeordneten Marek Belka, Pedro Marques, Inmaculada Rodríguez-Piñero, René Repasi, Włodzimierz Cimoszewicz und Leszek Miller. Auf die Podiumsdiskussionen am Morgen, an denen mehr als zwei Dutzend Expertinnen und Experten teilnehmen werden, folgt eine öffentliche Sitzung mit dem polnischen Ex-Präsidenten Aleksander Kwaśniewski als Hauptredner.
Die Europäische Union stand in den vergangenen Jahren vor zahlreichen Herausforderungen, die Coronapandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine waren lediglich die letzten. Es wird Zeit für eine robustere Politik und ein entschlosseneres Vorgehen. Für die Sozialdemokratische Fraktion bedeutet „offene strategische Autonomie“ ein stärkeres, geeinteres, und selbstbewussteres Europa, das die Interessen und Werte seiner Bürgerinnen und Bürger an die erste Stelle rückt. Ein Europa, das bei Bedarf autonom Beschlüsse fasst und handelt, ohne übermäßig von den Ressourcen äußerer Akteure und deren Unterstützung abhängig zu sein. Gleichzeitig sollte die Europäische Union weiterhin alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Multilateralismus, die regelbasierte internationale Ordnung und einen offenen und fairen Handel zu verteidigen.
Zu den zahlreichen Vorschlägen der S&D-Fraktion zählt die Forderung, die Einstimmigkeit im Ministerrat durch eine qualifizierte Mehrheit zu ersetzen, auch im Bereich der EU-Außenpolitik, um die Fähigkeit der EU zur schnellen und effektiven Beschlussfassung zu verbessern. Daneben werden eine stärkere Verteidigungszusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten, eine selbstbewusstere Handelspolitik mit nachhaltigen Handelsabkommen, Energiesicherheit und die Rückverlagerung der Produktion nach Europa in zentralen Technologiebereichen gefordert.
Marek Belka, für Handelsfragen und Entwicklungszusammenarbeit zuständiger Vizevorsitzender der S&D-Fraktion, sagte:
„Der russische Angriffskrieg, der eine neue Globalisierungsphase mit verschiedenen konkurrierenden Mächten vorantreibt, sollte ein Weckruf für uns sein. Die Europäische Union – die größte Volkswirtschaft der Welt und der bei Weitem größte Entwicklungshilfegeber – agiert nur allzu häufig wie ein politischer Zwerg, gespalten durch eine Vielzahl nationaler Interessen.
Wenn die EU weiter eine Führungsrolle in der Welt spielen will und globale Standards bei Handel, Wachstum und Umwelt setzen möchte, muss sie geeinter und entschlossener auftreten. Wir müssen unsere Lehren aus den vorangegangenen Krisen ziehen und die erforderlichen Reformen auf den Weg bringen. Als erste Maßnahme sollten wir die Entscheidungsfindung im Rat verbessern, um nationale Vetos zu beschränken, und auf dem Weltmarkt eine aktive Handels- und Industriepolitik verfolgen.“
Pedro Marques, für Außenpolitik zuständiger Vizevorsitzender der S&D-Fraktion, fügte hinzu:
„Obwohl wir erkannt haben, dass die Welt sich wandelt, etwa durch den raschen Aufstieg Chinas oder das Aufkommen regionaler Mächte, haben wir unsere Rolle in der Welt als Verfechter von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit und als entschiedener Unterstützer multilateraler Organisationen, darunter einer reformierten Welthandelsorganisation, gesehen. Allerdings sind wir vor der Notwendigkeit zurückgeschreckt, unsere weltweiten Interessen proaktiv zu definieren, durchzusetzen und zu verteidigen. Es ist Zeit, erwachsen zu werden!
Ich bin stolz darauf, dass die S&D-Abgeordneten unser Positionspapier zum Konzept der offenen strategischen Autonomie der EU angenommen haben. Das Papier ist ein strategischer Fahrplan, der unsere parlamentarische Arbeit unterstützen wird. Unser Ziel ist klar: eine Union, die als starker politischer Akteur und als Familie stabiler Demokratien auftritt, deren Bürgerinnen und Bürger Freiheiten, Wohlstand und soziale Fürsorge genießen.“
Hinweis für die Redaktion:
Bitte melden Sie sich an, wenn Sie der Veranstaltung persönlich beiwohnen möchten. Alternativ dazu können Sie den Livestream ab 13.30 Uhr auf Wyborcza.pl (auf Polnisch) oder auf der Website unserer Fraktion (auf Englisch) verfolgen.